Neulich sprang mir beim Autofahren ein Wort ins Auge: PARADIES
Welches auf der Friedhofsmauer in großen Lettern prangt. Gut, dort hat es eine Bedeutung, die dem Jenseits zugeschrieben wird. Ich möchte mich mit dem Begriff im Diesseits beschäftigen. Was macht das Leben paradiesisch?
Ich erinnere mich an meine Kindheit. In Märchen wurde das Paradies beschrieben als ein Ort mit Milchseen, Honigflüssen, reichlich Früchten auf den Bäumen. Nahrungsmittel im Überfluss soweit das Auge reicht. Heutzutage würde die vegane Version vermutlich lauten: Laktosefreie Sojamilch, Agavendicksaft und Superfood, Chiasamen und Goji-Beeren. Nicht zu viel, dafür perfekt aufgeräumt und sortiert. Wie das geht, können wir in unzähligen Ratgeber-Sendungen anschauen.
Doch zurück zu meiner Ausgangsfrage: Wo (er)lebe ich im Alltag mein Paradies?
Früher dachte ich, das Paradies versteckt sich hinter diesen tollen Urlaubsplakaten mit unendlich weiten Sandstränden, blauem Himmel und einem einsamen Fischerboot. Urlaub gebucht, Vorfreude riesig. Doch, so manche Urlaubserfahrung hat mich gelehrt, dass die Vorstellung und das, was ich dann wirklich erlebe, nicht zusammenpassen. Zwangsbeschallung – also laute Musik an jeder Ecke, unangenehme Zeitgenossen am Handtuch neben mir, ein Virus, der mich den halben Urlaub über der Klomuschel verbringen lässt. Also kein Paradies, sondern herbe Enttäuschung. Gut, wieder nach Hause zu reisen. Mittlerweile habe ich Erwartungen an das Paradies im Äußeren weit heruntergeschraubt. Ich suche das Paradies längst nicht mehr auf schicken Plakaten. Ich finde es dafür viel öfter in meinem Alltag. Unlängst erst im Schrebergarten, wenn Freunde zu Besuch sind, wir skurrile Werbevideos für die weltberühmte Linzer Lesebühne erstellen. Wenn wir dankbar sind, dass ein zuvor erlittener Verkehrsunfall gut ausgegangen ist und uns die Sonne kräftig auf die Nase scheint. Käsekrainer vom Grill herüber duften und kühles Bier die Kehle runter rinnt. Dieser gemeinsame Moment im Garten, der löst etwas in mir aus: Große innere Zufriedenheit, Freude, Heiterkeit. Das Gefühl von Zugehörigkeit und In-Gemeinschaft-sein. Eine paradiesische Mischung aus lustig und pudelwohl. Jawohl, das ist mein kleines Paradies. Denn das Gute liegt so nah.